Die kleine Erni hatte ich bei meinen wöchentlichen Besuchen auf der Reitanlage Etzdorf schnell in mein Herz geschlossen. Wie es bei Shetlandponys häufig vorkommt, ist niemand mit entsprechenden reiterlichen Fähigkeiten und der passenden Größe vorhanden, der so ein kleines Pferd ausbilden kann. Das war bei Erni nie ein Problem. Sie war immer so artig zu mir und den anderen Kindern, dass wir alle gerne auf ihr ritten und keine Angst zu haben brauchten, dass sie uns unverhofft auf den Boden schickt.
Zu meinem neunten Geburtstag schenkten mir meine Eltern eine Reitbeteiligung auf der kleinen Shetty-Stute. Das war natürlich toll (für alle, die sich nicht so auskennen: das ist "fast" wie ein eigenes Pferd!). Wir verbrachten viel Zeit miteinander. An den Wochenenden unternahm ich mit meiner Mutter gemütliche Ausritte ins Gelände: Meine Mutti auf ihrem Andalusierschimmel Merlin und ich auf meinem kleinen weißen Shetlandpony nebenher.
Leider wuchs ich im Laufe der Zeit, während Erni natürlich so klein und kuschlig blieb, wie sie war. Im August 2010 wagte ich mich auf dem Reitturnier unseres Vereins an den Start in einer E-Dressur mit ihr. Sie hat das ganz toll gemacht, wenn gleich auch die Richter fanden, dass das Gesamtbild nur eine Wertnote von 5,0 zulässt. Erni hat bewiesen, dass auch kleine Shetlandponys den großen Pferden in nichts nachstehen.
Immer, wenn ich meinen alten Stall in Etzdorf besuche, bekommt Erni ein paar Streicheleinheiten von mir und ich hoffe, dass noch viele Kinder mit ihr so viel Spaß haben werden wie ich.
Er trug mich bei meinen Turnierreiteranfängen in Führzügel- und Reiterwettbewerben bis hin zu Dressurprüfungen der Klasse A*. Mit ihm legte ich mein kleines Reitabzeichen ab und gewann meine erste gelbe Schleife, in einem Führzügelwettbewerb. Dazu gab es als Ehrenpreis einen Kinder-Campingstuhl im Kuhdesign, worüber wir heute immer noch schmunzeln müssen. Auch im Springen versuchten wir uns ein bisschen und gewannen hier einen Springreiterwettbewerb.
Mit Poli konnte man fast alles anstellen. Als im Frühjahr 2011 bei der Messe Partner Pferd in Leipzig mehrere FEI-Weltcup-Finals ausgetragen wurden und man für das Showprogramm um Mitternacht 40 Ponyreiter mit den Fahnen der teilnehmenden Nationen in der großen Arena um eine Weltkugel galoppieren ließ, waren wir mit dabei. Napoleon störte der Rummel wenig, nur die Blumen am Rand fand er etwas gruselig.
Außer mir hat Napoleon vielen anderen Mädchen und Jungen den Start ins Reiter- bzw. Turnierleben ermöglicht und darf heute einfach Pferd sein. Napoleon, der süße Herzensbrecher.